Gedanken, Gene und Meme

Endlich ein warmer Tag mit Sonnenschein, singenden und rufenden Vögeln. Ich gehe zum Enzauenpark. Ich setze mich auf eine Bank und blicke hinunter zum Fluss. Auf der Uferwiese liegt Treibgut. Es ist zu einem wirren Haufen von Ästen, Zweigen und welkem Gras aufgeschichtet. Eine Plastikflasche steckt dazwischen. Als ich aufschaue, kommen zwei Frauen auf mich zu.

Die ältere – mittelbraunes Haar, Anfang bis Mitte Dreißig – lächelt. Ich sehe, sie hat bedrucktes Papier in der Hand. Sie grüßt, macht eine Bemerkung über das Wetter, die Natur – und fragt, ob ich darin Gott erkennen könnte. Ich zitiere sinngemäß Richard Dawkins’ Antwort auf diese Frage. Dass, wenn man Gott in der Natur erkennen könnte, er eine unbegreifliche aber nicht zu leugnende Vorliebe für Käfer habe. Sie ist für einen Moment leicht verwirrt; sie finde die Antwort interessant, sagt sie. Dann will sie  weiterbohren. Ich wehre ab. Ich sei zu der Überzeugung gelangt, Religion sei nicht der richtige Weg für mich. Ob ich glaube, dass Gott existiere? Das Thema sei mir im Moment zu komplex, antworte ich. Ich wünsche den beiden noch einen schönen Tag. Auf dem Rückweg sehe ich die beiden wieder auf einer der Bänke. Sie bereden ein Opfer, einen Herrn Ende 50. Er hat eine der Broschüren in der Hand.

Missionierende sind davon überzeugt, die rechte Weltsicht zu haben. Und davon, dass alle anderen irren. Und dass dieser Irrtum beseitigt werden muss. Denn er führt die armen Irrenden ins Verderben. Das gibt den Missionierenden das Recht zur Intervention. Es ist „Gefahr im Verzug“ und das setzt alle anderen Rechte der Ungläubigen außer Kraft. Solange man sich nicht auf dieses Spiel einlässt, ist alles ok. Aber wehe wenn! In ihrer Gutheit kennen die Frommen keine Gnade mit ihren Brüdern und Schwestern. Denn das rechte Wissen ist eine Verpflichtung und wer davon abweicht, macht sich schuldig. Das muss unter allen Umständen und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden.

Der schon erwähnte Richard Dawkins nennt solche Überzeugungen „Meme“. Ein Mem ist laut Dawkins im Denken das, was ein Gen im Leben ist. Es bestimmt das Verhalten. Und wie die Erbinformationen sind die Meme egoistisch; sie nutzen den Menschen zur eigenen Vermehrung und Verbreitung.

Weltanschauungen, Religionen, aber auch Lieder, Gedichte, Erzählungen können Meme sein. Und so wie es Fehlbildungen bei den Genen gibt, sind auch ihre Entsprechungen im Gedanklichen, die Meme, nicht immer in Ordnung.

Wenn man dem Modell von Dawkins folgt, werden die Ähnlichkeiten deutlich. Und dann erscheinen bestimmte destruktive Weltanschauungen schon auch krankhaft – seien es die turbokapitalistische Gier, der Nationalismus oder der religiöse Wahn. Immer dann, wenn Menschen einem Gedanken, oder einer Idee geopfert werden sollen, ist der Irrsinn am Werk. Die Theorie Dawkins erklärt auch, weshalb fanatische Menschen so schwer von Tatsachen zu überzeugen und von Erfahrungen zur Umkehr zu bewegen sind. Sie werden von einem mächtigen Mem beherrscht, gewissermaßen parasitiert.

Ich folge Dawkins´ Idee nicht der letzten Konsequenz. Als Evolutionsbiologe versucht er, alle Lebensäußerungen mit seinem Ansatz in Einklang zu bringen – die Gene / Meme  sind egoistisch und alles Tun hat nur Sinn, wenn es der Evolution dient. Ich denke, Manches, was wir oder die Tiere tun, ist nach Dawkins Ansicht einfach sinnlos – aber es macht einen Heidenspaß oder ist einfach – gut.

http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Dawkins
http://de.wikipedia.org/wiki/Mem
https://www.youtube.com/watch?v=zmHunShT6nk

https://www.youtube.com/watch?v=gJ_3BN0m7S8

 

 

About Eilan

Eilan Belhaus ist Dichter und Wortspieler, Poet und Beobachter. Er erforscht die Welt meditativ und lädt Dich zu seiner Welt ein. Eilan freut sich über Kommentare und darauf, in Deine Welt eingeladen zu werden.
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