Mit Wikileaks und nun mit den neuesten Enthüllungen über die Abhör- und Spionagemaßnahmen der amerikanischen Sicherheitsbehörden, wird die Verschiebung der Fronten in einem Krieg dokumentiert, der schon lange im Stillen wütet. Die ersten Todesopfer dieser Auseinandersetzung waren Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie.
Wenn ich zurücksehe wird mir klar: Mit dem Einsturz des World Trade Centers stürzte auch die westliche Demokratie. Es kommt mir vor, als hätten die Akteure nur auf dieses Signal gewartet, um die letzten Hindernisse niederzureißen, die ihren unersättlichen Machthunger bis dahin noch im Zaume gehalten hatten. Mit dem Vorwand einer niemals einzulösenden Sicherheit haben sie in wenigen Jahren ein totalitäres Regime aufgebaut, das in seiner Unmenschlichkeit und Perfektion beispiellos in der Geschichte der Menschheit ist. Es stellt jeden Menschen unter Generalverdacht.
Dieses System basiert auf Algorithmen, von denen ihre Schöpfer behaupten, das menschliche Verhalten analysieren und vorhersagen zu können. Diese Berechnungen geschehen mithilfe mächtiger Computer, die unvorstellbare Datenmengen auswerten. Big Data nennen Fachleute das. Was es bedeutet, kann man inzwischen erahnen. Wie richtig die Grundlagen dieser Berechnungen sind, weiß man nicht. Die Gefahr ist real, dass Irrtümer, verstärkt durch Hochleistungsrechner, enorme Auswirkungen haben. Die Ermittler sind Maschinen – unfehlbar in ihren Irrtümern.
Jedes Telefonat, jeder Tweet, jedes SMS und jede Mail – auch dieser Blogbeitrag – wird mit hoher Wahrscheinlichkeit von Maschinen gelesen, analysiert und bewertet. Das Verhalten eines jeden digital aktiven Bürgers wird mit Mustern verglichen, die angeblich von Leuten benutzt wurden, die terroristische Verbrechen geplant oder getan haben. Gibt es Übereinstimmungen, kann das unangenehm werden – völlig unabhängig ob die so identifizierte Person tatsächlich etwas Böses geplant hat oder nicht. Dass das so ist, sollten wir alle aber gar nicht wissen. Wir wissen es, weil jemand darüber geredet hat, der das nicht sollte.
Geheimnisverrat – das wirft man Edward Snowden vor – ist im Grunde ja nur dann gegeben, wenn die sensiblen Informationen dem Feind mitgeteilt werden. Und wem wurden die fraglichen Informationen mitgeteilt? Der Öffentlichkeit, den eigenen Volk, der Welt. Das heißt doch, dass sich die US-Regierung und ihre Einrichtungen und Behörden sich im Krieg sehen – gegen das eigene Volk, die Öffentlichkeit ja, gegen die Welt.
