Kirchliche Sitten

In einer kleinen Stadt irgendwo in Deutschland kam der Landeschef einer großen kirchlichen Einrichtung zum Besuch in die örtliche Zweigstelle. Diese Zweigstelle unterhält auch einen Second-Hand-Laden, in dem gespendete Kleider, Bücher und Haushaltsgegenstände verkauft werden. Die Preise sind sehr moderat: eine Jacke kostet vier Euro, ein Hemd einen Euro, ein Schal 30 Eurocent. Am Laufen gehalten wird der Laden von etwa einem Dutzend ehrenamtlich tätiger Frauen – darunter etliche Hartz IV-Empfängerinnen – und einer Ein-Euro-Kraft.

Die Ehrenamtlichen arbeiten umsonst. Für die Ein-Euro-Kraft erhält die Einrichtung monatlich 500 € von der Arbeitsagentur. Der Umsatz des Ladens beträgt zwischen 4000 und 5000 € im Monat. Das Gebäude gehört der Kirche, für Licht und Heizung entstehen Kosten.

Da die Preise gering sind, geben einige Kunden Trinkgeld. Sie stecken manchmal etwas Wechselgeld in die Kaffeekasse. Mit dem Geld aus dieser Kasse kauft das Team des Ladens Tee oder Kaffee, manchmal auch ein paar Kekse.

Der Laden bringt der Kirche einen schönen Gewinn; daher lud örtliche Verantwortliche der Einrichtung das Team letztes Jahr zu einer Feier mit Abendessen ins Restaurant ein.

Der Chef der kirchlichen Einrichtung fand nun bei seinem Besuch, dass zu viel Geld verschwendet würde. Er verbot solche kostspieligen Dinge wie Feiern, bei denen die überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeiter zum Essen eingeladen werden. Und auch der Inhalt der Kaffeekasse soll zukünftig komplett an die Zentrale abgeführt werden.

Ich denke es wäre falsch, diesem Kirchenmann eine Sklavenhaltermentalität vorzuwerfen. Sklaven müsste er nämlich kaufen, unterbringen, kleiden, ernähren und möglicherweise den Arzt bezahlen, wenn sie krank werden. Sie wären ihm viel zu teuer.

About Eilan

Eilan Belhaus ist Dichter und Wortspieler, Poet und Beobachter. Er erforscht die Welt meditativ und lädt Dich zu seiner Welt ein. Eilan freut sich über Kommentare und darauf, in Deine Welt eingeladen zu werden.
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