Die Macht des Glaubens

Wenn ich an das Mittelalter denke, kommt sogleich das Attribut „finster“ hinterher. Das finstere Mittelalter ist ein fester Begriff. Das damalige Wissen, speziell in Europa, war dünn. Das Feudalsystem, geprägt von Egoismus und Kurzsichtigkeit verhinderte eine positive Entwicklung. Die Kirche sah sich nicht als Lichtbringer, sondern agierte als gnadenlose Verfolgerin abweichender Meinungen. Ich stelle mir das Mittelalter so vor, wie es von Monty Python in Filmen wie „Die Ritter der Kokosnuss“oder „Jabberwocky“ gezeigt wird. Ich sehe zerlumpte Menschen vor mir, die – sich selbst geißelnd – durch unbefestigte Straßen trotten, vorbei an windschiefen Fachwerkhäusern.

Ich fürchte, dass zukünftige Generationen das frühe 21. Jahrhundert kaum gnädiger ansehen werden, als wir das Mittelalter.

Wir handeln heute in Wirklichkeit nicht aufgeklärter, nicht vorurteilsfreier und schon gar nicht klüger und intelligenter als unseren mittelalterlichen Vorfahren. Wir mögen zwar Computer besitzen, uns mit einer Geschwindigkeit von einem Ort zum anderen bewegen, die im Mittelalter schlechterdings nicht vorstellbar war – es sei denn als Magie. Unsere Straßen sind befestigt und unsere Häuser gerade. Doch unser Handeln ist erschreckend primitiv geblieben.

Vielleicht ist jede Zeit von längst widerlegten, unfassbar primitiven und offensichtlich schädlichen Glaubensvorstellungen geprägt. Die traditionelle Religion spielt zumindest in der westlichen Welt heute keine entscheidende Rolle mehr. Der aktuelle Glaube beruht auf Erkenntnissen des vergangenen Jahrhunderts. Es ist die Lehre vom reinen Egoismus. Sie ist dabei, alle anderen Menschen- und Lebensbilder zu verdrängen.

Man glaubt heute auch an etwas, das nicht existiert. An virtuelles Geld. Es ist eine virtuelle Geldmenge im Umlauf, die etwa das 20-fache des Bruttosozialprodukts der ganzen Welt umfasst. Dieses nicht existierende Geld ist unglaublich mächtig in der Hand einiger Weniger. Sie nutzen es beispielsweise, um Staaten damit anzugreifen und zu zerstören. Sie greifen damit direkt die Demokratie an und erodieren damit die Grundlagen unserer Gesellschaftsordnung. Und die Politik schaut zu! Wir brauchen eine „marktkonforme Demokratie“ sagt die Bundeskanzlerin. Geht’s noch!? Wir brauchen einen demokratiekonformen Markt, keinen Neo-Feudalismus!

Wer in diesem Spiel nicht mitmacht, hat verloren, sagen die Spielführer. Das mag stimmen, aber man muss trotzdem nicht mitspielen. Es hat seinen Preis. Ich überlege mir, wie ich meine Würde behalten kann, auch wenn es mir finanziell schlecht geht. Mir kommt der Gedanke, dass Armut keine Schande sein muss, sondern auch eine Form von Adel sein kann. Gestern kam auf 3sat ein Bericht aus Buthan. Dort haben die Regierenden begriffen, dass Geld nicht glücklich macht. Es gibt dort Ziele für das Glück der Menschen.

About Eilan

Eilan Belhaus ist Dichter und Wortspieler, Poet und Beobachter. Er erforscht die Welt meditativ und lädt Dich zu seiner Welt ein. Eilan freut sich über Kommentare und darauf, in Deine Welt eingeladen zu werden.
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