In einem längeren Gespräch mit einer nahestehenden Person kamen wir an den Punkt: was ist das Selbst? Es ging um Verletzungen aus früher Jugend, um negative und positive Gedanken und wie man dazu steht. Ich sagte, dass weder unsere Gedanken noch unseren Gefühle das eigentliche Selbst sind.
Auf einer längeren Autofahrt begann mich das Radioprogramm zu langweilen. Ich durchsuchte die verschiedenen Sender nach etwas Interessantem. Vergeblich. Ha, dachte ich, wozu brauche ich ein Radio? Ich kann doch selbst denken und schaltete das Radio aus. Doch mir wollte partout nichts Überzeugendes einfallen. Nein, dachte ich nach einer Weile, mein eigenes Programm ist heute noch schlechter als der Rundfunk. Dann musste ich lachen.
Also, was meine ich mit “Selbst”? Um das zu erklären, verwende ich eine Hilfskonstruktion, und zwar die von Gott. Das Christentum geht davon aus, dass Gott den Menschen nach seinem Bilde geschaffen habe. Dieses Bild muss notwendigerweise unvollkommen bleiben. Weil nämlich (nach christlichem Glauben) Gott selbst nicht geschaffen wurde. Damit ist die Gottähnlichkeit des Menschen durch ein Paradoxon verhindert: Würde uns Gott so schaffen, wie er ist, wären wir nicht wie er. (Proben zu einem Sketch über die biblische Schöpfungsgeschichte. Der Darsteller Gottes deklamiert: „lasset uns den Menschen machen, ein Bildnis, das uns gleich sei!“ Antwortet der Erzengel Gabriel: „Diesmal müssen es wirklich Menschen werden. Das ganze Lager ist schon voll von UFO Besatzungen.“)
Ich will jetzt nicht so tun, als kennte ich mich aus. Daher sage ich nur: ich habe verschiedentlich gehört und gelesen, das menschliche Selbst sei ein kulturelles Konstrukt. Aber nicht nur unsere Kultur konstruiert an unserem Ich mit. Es sind vor allem wir selbst, die unser Selbst konstruieren und ständig ständig aktualisieren.
Und hier komme ich zu dem Punkt, den ich meine. Das nämlich, was unsere Gedanken und unsere Gefühle überragt, der Kern unseres Selbst, ist etwas, das nicht gegeben ist, sondern etwas, das wir selber erschaffen müssen.
